hckn010: Einstieg zur Philosophie

Willkommen zu einer weiteren Folge Haecksenwerk! 

Haecksenwerk ist das Podcastkollektiv der Haecksen. Es geht um die ganze Bandbreite von Technik, Kultur und Feminismus. In unserem Podcast möchten wir Einblicke in Themen geben, die uns bewegen.

In dieser Folge sprechen Waldseenixe, Smettbo und Piko darüber, was Philosophie ist und was sie uns bringen kann. Weil das so ein großes Thema ist, werden einige Kernfragen angesprochen, die euch hoffentlich neugierig machen. Von der Grundfrage “Was ist Philosophie und was machen Philosophinnen?” wird der Bogen gespannt über Werkzeuge und Bereiche der Philosphie, ihr Bezug zu anderen Wissensgebieten, bis zu der Frage “Was bringt einem die Philosophie persönlich?”. Zwischendurch werden natürlich auch Bezüge zur Robotik hergestellt oder die historische Entwicklung diskutiert.

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Stichworte

Metaphilosophie, theoretische Philosophie, praktische Philosophie, Ethik, Technoethik, Hermeneutik, Rhetorik, Ontologie, Postumanismus, Transhumanismus, Hinayana – Mahayana – Vajrayana

Credits

Transkript

Piko: Hallo wieder mal beim Haecksenwerk. Heute haben wir ein etwas ungewöhnliches Thema, nämlich wir reden über Philosophie. Und wir, das sind zuammen Waldseenixe und Smettbo und ich bin Piko. Wir sind 3 Haecksen, die sich sehr für Philosophie interessieren, die da auch universitär viel mit machen. Und deshalb ganz kurz eine kleine Vorstellungsrunde. Smettbo, magst du anfangen?

Smettbo: Ja, gerne. Also ich bin Smettbo, ich hab in meinem ersten Studium mal Luft und Raumfahrt studiert und habe mich immer schon ganz stark für Philosophie interessiert, und habe mich dann entschlossen jetzt nochmal ein Philosophie-Studium drauf zu setzen, was mir wahnsinnig gut gefällt, und was ich finde auch die Technik sehr sehr gut ergänzt. 

Piko: Und Waldseenixe?

Waldseenixe: Ja, ich bin von Haus aus Mathematikerin, habe mehrere Jahrzente als Consultant gearbeitet, bin jetzt in Pension und habe mich jetzt auch nochmal für Technoethik zertifiziert, und werde in diesem philosophischem Gebiet sicherlich noch weiter arbeiten. 

Piko: Und ich, Piko, bin von Haus aus eigentlich Musiker, und habe einen ganz ähnlichen Weg wie Smettbo. Ich habe mich auch schon immer für Philosophie interessiert und das auch einfach an der Fernuni Hagen angefangen zu studieren. Und habe ganz große Freude daran an philosophischen Gedankengängen.  Ja, wir haben uns zu dritt zusammengefunden und haben uns gedacht wir wollen einfach mal über Philosophie reden. Dass da eine Podcastfolge draus werden soll, das war von Anfang an geplant, oder?

Waldseenixe: Es kam so, es kam die Idee in der zweiten oder dritten Sitzung oder so. 

Smettbo: Ja das ist über Umwege entstanden, würde ich sagen. Also erstmal haben wir uns über das Podcast-Kollektiv der Haecksen kennengelernt und haben daraus dann die Philo-Haecksen gegründet. Und aus dieser Gründung heraus ist dann wieder die Idee für diesen Podcast entstanden. 

Piko: Ja, einmal im Kreis gelaufen *kichert*. Jedenfalls wollen wir in dieser Folge erst einmal darüber sprechen, was genau Philosophie eigentlich ist, und so eine überblicksartige Einführung geben. Wahrscheinlich wird es noch weitere Folgen geben, in denen wir ein paar für die Haecksen ganz relevante Themen in der Philosophie anschauen. Aber dafür haben wir uns gedacht bringen wir erstmal Grundlagen und fragen: Was ist Philosophie? 

Smettbo: Ja da muss man erstmal unterscheiden zwischen der praktischen und der theoretischen Philosophie. Also unter der praktischen Philosophie versteht man ja auch die Ethik, das ist der Teilbereich der Philosophie, der sich mit den Voraussetzungen und der Bewertung von menschlichem Handlen befasst, auch mit dem methodischen Nachdenken über die Moral. Bei der theoretischen Philosophie geht es dann mehr um so Themen wie Wissenschaftstheorie, wie funktioniert Forschung, unter welchen Prämissen wird geforscht und wie funktioniert ein Wechsel dieser Prämissen. 

Waldseenixe: Ja, also was machen eigentlich überhaupt Philosophinnen? Das kann man sich ja auch fragen. Und man kann sagen Philosophinnen versuchen die Welt zu verstehen. Sie beschäftigen sich dabei mit Fragen wie: Was ist der Mensch? Was ist überhaupt menschlich? Was sind wir im Gegensatz zum Tier, oder im Gegensatz zu einem Roboter? Was ist die Rolle des Menschen im Kosmos? Wie können wir Menschen harmonisch zusammenleben? Und für sehr lange Zeit in der Antike gehört ja auch die Frage nach der kosmischen Ordnung dazu. Und die wird natürlich heute eher durch die Naturwissenschaften beantwortet. Mit anderen Worten: Philosophinnen wollen die Welt verstehen und was die Welt zusammen hält. Ja das sind sehr wichtige Werkzeuge die die Philosphinnen nutzen. Das ist nämlich gerade die Hermeneutik, Textverständnis, Recherchen, Logik, Rhetorik, Debattenschule und anderes. Und zusätzlich nehmen die Philosophinnen Ergebnisse aus vielen vielen anderen Bereichen der Wissenschaft, Naturwissenschaften aber auch Soziologie, Psychologie, Medizin, Politik, was auch immer es sei, was wichtig ist, um Dinge zu verstehen, zusammen und versuchen das zu vereinen. Und daraus eben die Fragen die für den Menschen ganz fundamental sind zu beantworten. 

Piko: Jetzt könnte sich daraus so ein bisschen die Frage stellen: OK, das sind jetzt ganz, ganz viele Fachbereiche, die werden aber in den Fachbereichen auch schon erörtert. Was ist denn dann das genuin philosophische? Und ich finde eine ganz genuin philosophische Sache war schon in dieser Auftrennung in praktische und theoretische Philosophie. Das heißt die Philosophie setzt sich ganz oft hin und fragt so ja, wie können wir das eigentlich so grundsätzlich beschreiben? Wie können wir die Phänomene oder die Dinge, die uns in der Welt begegnen, wie können wir die einorden und schauen, was gibt es denn da. Was gibt es denn da für Kategorien? Und wie können wir, also sozusagen eine Botanik der Geistesphänomene. Und ich finde, das zeigt sich ganz deutlich in dieser Unterscheidung zwischen praktischer und theoretischer Philosophie, wo man wirklich sich erstmal denkt: Ok, was gibt es für Fragen und Antworten die diese Disziplin macht. Und auch wie macht sie das? 

Waldseenixe: Piko, da hast du, glaube ich, gerade im Prinzip auf Ontologie angesprochen. Wenn du diesen Katalog der Phänomene sozusagen, wenn ich das mal so nennen darf, da angesprochen hast. Das spielt ja auch in der Informatik dann vielleicht noch in etwas veränderter Form auch eine große Rolle, so dass das vielleicht einige Hörerinnen hier auch durchaus kennen. 

Piko: Ontologie ist ein super Stichwort, ich glaube das gehört auch ganz typisch zu disesen Wörtern, die in der Philosophie so durch die Gegend geworfen werden und wenn man sich nicht wirklich tief damit beschäftigt, nickt man so und lässt das Wort dann irgendwie wieder verschwinden. Aber das ist auch so ein philosophisches Konzept, das uns hilft ein bisschen die Welt zu verstehen, das aber eigentlich aus einer ganz interessanten Gedankenwendung kommt. Nämlich Ontologie τὸ ὄν ist “das Sein”, im griechischen, natürlich ganz viel Philosophie bezieht sich auf das alte Griechenland. Uff! Und Ontologie ist praktisch die Frage: Was gibt es alles? Und auf welche Art und Weise gibt es das? Und kann man überhaupt sagen etwas existiert, oder muss dieses Existieren noch irgendwie anders — also kann ich einfach existieren, oder muss ich direkt während ich existiere nochmal was tun? Und das ist die Ontologie. Und ihr merkt das sind super grundsätzliche Fragen. Und deshalb hat die Ontologie lange Zeit von sich selbst gesagt sie ist die “Prima Philosophia”, ja, das heißt die allererste Pholosophie, das aller erste was wir klären müssen. Und die wurde aber dann spätestens im 20. Jahrhundert so ein bisschen weggeschubbst von anderen Philosophien. 

Waldseenixe: Da kommt dann natürlich noch ein ganz wichtiger Aspekt dazu, wenn man dann weiter geht auf der Meta-Philosophie sozusagen bleibt, dass ja auch die Begriffsdefinition  ganz wichtig ist. Man muss in der Philosophie — also Philosophinnen sind Haarspalterinnen. Die nehmen also jeden Begriff ganz genau auseinander. Und die größten Fehler in der philosophischen Argumentation passieren dann dadurch, dass man irgendeinen Begriff unscharf verwendet. Und das habe ich zum ersten mal gelernt, ich habe in meiner Vergangenheit auch buddhistische Philosophie studiert, also ich bin auch schon länger mit philosophischen Themen beschäftigt. Und da gibt es die verschiedenen Stufen, Hinayana Mahayana Vajrayana, die sich da hauptsächlich dadurch unterscheiden, dass Begriffe stärker ausdifferenziert werden. So die Hinayana Schule ist so ein bisschen so die, man kann sagen die einfachste Schule, für die Allgemeinheit, für die Nichtakademiker, wenn man so möchte. Und bei Mahayana wird’s dann etwas akademischer. Und da werden also Begriffe immer weiter ausdifferenziert, und so kommt es scheinbar zu Widersprüchen innerhalb der buddhistischen Philosophie, die aber eigentlich nur daran liegen, dass man eben Begriffe eben etwas anders verwendet in dem einen oder anderen Zweig der buddhistischen Philosophie. 

Piko: Ein bisschen frage ich mich, ob unsere Hörer*innen sich gerade denken: Ja Okay, Arbeit am Begriff, dass mache ich als Physikerin ja auch! Was ist da das besondere an der Philosophie?

Waldseenixe: Ja das ist tatsächlich so, dass man gerade in der Mathematik beispielsweise natürlich ganz stark auch unterscheidet zwischen Hypothesen und abgeleiteten Dingen, und ganz klar alles definiert und dazu auch noch sehr viel stark formale Sprachen hat. Wobei übrigens die Aussagenlogik wird übrigens auch in der Philosophie durchaus verwendet, so ist es ja nicht. Aber in der Philosophie geht man natürlich auch noch weiter indem man ja andere Ergebnisse auch aus Bereichen wo man die Sprache oder die Begriffe nicht so scharf definieren kann. Das ist ja auch ein Dilemma in der Philosophie, dass man nicht überall alles so klar definieren kann, und dass über die Historie auch immer wieder nachgeschärft wird. Da natürlich auch diese Dinge immer wieder mit einbezieht. Also sehr scharfe aber auch teils unscharfe Dinge zusammenführt um daraus eben ein Verständnis über die Welt und was man in dieser Welt tun sollte und nicht tun sollte. 

Piko: Daher kommt ja auch der Begriff Philosophie, Philo ist die Liebe oder praktisch der Liebende und Sophia ist die Weisheit. Philosophen und Philosophinnen sind Lieber*innen der Weisheit. 

Waldseenixe: Ja und ich glaube das ist auch wirklich ein sehr wichtiger Aspekt der Philosophie, eben tatsächlich sachlich und mit Argumenten Dinge auszutauschen. Da treffen ja manchmal auch Meinungen aufeinander die stark gegensätzlich sind. Wo der eine behauptet “Dies und jenes darf man tun” und der andere behauptet “Nein, diese und jenes darf man überhaupt nicht tun”, und Leute da mit total konträren Ansichten ja auch zusammen kommen trotzdem einen geordneten und sachlichen Diskurs darüber veranstalten. Der zwar durchaus mal hitzig werden kann, aber immerhin wo man mit Argumenten und mit Logik und mit Überzeugung eben arbeiten muss, und mit guter Rhetorik. 

Piko: Ich habe dazu ein bisschen eine kritische Perspektive, auch wenn wir jetzt betrachten, diese griechischen Männer, die dann da im Schatten wahrscheinlich sitzen und mit einander darüber philosophieren, wie die Welt so beschaffen ist und was man so tun soll und was sein muss, damit man wirklich frei ist usw. Und da drängt sich auf, dass Philosophie ganz oft das Gesellschaftsspiel von priviligierten Personen ist. Also dass, gerade jetzt in diesem klassischen Beispiel die griechischen Philosophen üblicherweise sich philosophieren leisten konnten, weil sie eben nicht arbeiten mussten. Das trifft nicht überall zu. Es gibt z.B. im Stoizismus, das ist so 300 Jahre später, so dann mehr so, es fängt schon in Griechenland an, ist dann aber schon mehr Rom. Wo es auch Sklaven-Philosophen gab und auch Kaiser-Philosophen. Also da war die Range ein bisschen größer. Aber ganz oft ist Philosophie, wie wahrscheinlich die allermeiste Wissenschaft, ein Spiel bei dem nur priviligierte Menschen mitspielen können. Vielleicht war das früher anders und wir haben einfach nur die Privilegierten überliefert bekommen. Aber das was wir wissen, sind ganz oft sind privilegierte Personen. 

Smettbo: Genau, und wir wissen auch nicht wieviele Frauen an den Werken der Männer die überliefert worden sind beteiligt waren. Das kann ja auch eine große Rolle spielen. Wir wissen einfach nicht, wie der Einfluss dort war. Und wir wissen ja auch aus der philosophischen Geschichte oder auch aus der literarischen Geschichte, dass teilweise Werke tatsächlich von Frauen verfasst wurden, die dann von den Männern veröffentlicht wurden. Die dann einfach unter dem männlichen Namen bekannt sind und ausserdem musste man sich das ja auch dann leisten können überliefert zu werden, weil es wurden nur diejenigen Leute überliefert, die entweder für wichtig genug empfunden wurden, oder die genug Geld hatten es sich leisten zu können in Bibliotheken aufbewahrt zu werden. Es gab ja Autoren, die sich einfach eingekauft haben in Bibliotheken. Die dann gesagt haben “So, hier, ich geb euch das Geld und ihr habt meine Werke dann vorliegen deswegen” und die dann nur aus diesem Grund  auch für beachtenswert empfunden wurden. Weil sie eben in diesen Bibliotheken vorliegen. 

Piko: Man hatte sozusagen jetzt doppelte Hürde. Erstmal brauchte man das Privileg um überhaupt die Zeit zu haben und die Zugänge zu der Ausbildung um mitphilosophieren zu können. Das ist die erste Hürde. Und die zweite Hürde: Man brauchete das Privileg, dass man auch für wichtig genug befunden wurde um überliefert zu werden. Also es ist sogar doppelt. 

Waldseenixe: Naja, das kann man natürlich noch weiterspinnen. Ich meine es gibt ja ganze Kulturen die überhaupt keine schriftlichen Aufzeichnungen — auch bewusst keine schriftlichen Aufzeichnungen hinterlassen haben, obwohl sie durchaus Schriftsysteme hatten, aber wo die Schrift einfach als unzuverlässig galt und nur die mündliche sozusagen Überlieferung als zuverlässig erachtet wurde. Das gilt für die Kelten und für die ganzen germanischen Kulturen zum großen Teil, zur Zeit der Antike. Und was die an philosophischen Ideen hatten, weiß man heute eigentlich kaum noch. Weils gar nicht überliefert wurde. 

Piko: Das ist aber jetzt — Also einmal kurz die Metaperspektive aufgemacht. Wir sprechen schon ne ganze Weile über Dinge, die jetzt 2000 Jahre vorbei sind. Und das ist auch relativ typisch an der Philosophie, dass es nicht so sehr ist: jaa, das es, das ist jetzt irgdendwie die neueste wissenschaftliche Errungenschaft und über das alte Zeug reden wir nicht mehr, sondern: Der Philosophie ist sehr bewusst, dass die ganzen Gedanken, die wir jetzt haben, sehr stark darauf basieren, was in der Vergangenheit in unserer Kultur los war. Und dass diese vergangenen Gedanken auch ihren Wert haben und uns weiter bringen können. Es gibt, also, natürlich in den letzten 100 Jahren wahnsinnig viele, auch hoch interessante und hoch komplexe, neue Entwicklungen in der Philosphie. Aber manchmal wird dieses Zitat gebracht, dass diese gesamte abendländlische Philosophie eine Fußnote zu Platon sei. D.h. Philosophie ist tatsächlich sehr geschichtsbezogen.

Waldseenixe: Jetzt muss man auch sagen: Die Philosphie ist natürlich nichts, was sich nur mit alten, verstaubten, antiken Philosophen beschäftigt. Sondern da grade jetzt in der, in der heutigen Zeit passiert ja wahnsinnig viel. Wir sind ja geradezu in einer Epochenwende, kann man sagen. Durch die KI, durch die Robotik, durch die Digitalisierung kommen ja jetzt plötzlich wieder Fragen auf, auch noch mal die Frage “Was ist der Mensch eigentlich?” und da hat sich lange Zeit, historisch in der Philosophie hat sich der Mensch immer vom Tier abgegrenzt und da war die Vernunft immer das Ding was den Menschen sozusagen vom Tier unterschied und was ihn zur Krone der Schöpfung machte. Und jetzt fängt man an Roboter zu bauen und KI zu bauen, die unter Umständen – wie viel weit das gehen wird, weiß man heute vielleicht noch nicht, aber man muss damit rechnen, dass viele Anteile der kognitiven Fähigkeiten des Menschen irgendwann in Robotern eingebaut sind in der einen oder anderer Form oder dort irgendwie realisiert sind. Und wie unterscheiden wir uns dann eigentlich noch vom einem Roboter? Und so, dass da wieder diese Frage “Was ist der Mensch?” eigentlich noch mal wieder neu gestellt wird. ” Was ist moralisches Handeln?” auch nochmal wieder neu gestellt wird und ich glaube, da wird, werden jetzt viele Diskussionen wieder neu angestoßen. Auch durch die neuen Erkenntnisse und durch die neuen Möglichkeiten, die uns die Digitalisierung und Robotik liefern.

smettbo: Ja, genau, das was waldseenixe gerade gesagt hat, ist natürlich ganz interessant für aktuelle philosophische Fragestellungen wenn es gerade darum geht, was ist die, wenn es gerade in Richtung Posthumanismus und Transhumanismus geht. Also wenn wir uns damit beschäftigen, wie steht der Mensch im Verhältnis zur Technik und im Verhältnis dann auch zum Tier. Und welche Regeln, die dann über Jahrhunderte gegolten haben, können wir jetzt überhaupt noch aufrecht erhalten und wo müssen wir dann umdenken.

piko: Frage: Was ist der Mensch, wenn es Computer gibt, wenn es Roboter gibt, finde ich, die kann man aus zwei unterschiedlichen Perspektiven betrachten. Einerseits ein bischen betrübt, die Frage, Wie können wir unsere Besonderheit noch rechtfertigen, wenn es Sachen gibt, die auch wahnsinnig gut rechnen können. Aber andererseits auch, was, also quasi ein bischen ein Rückzugsgefecht, dass die Menschen jetzt abgelöst werden, das ist die eine Seite. Die andere Seite ist aber eigentlich eine neugierige Situation: Was könnnen wir von der Technologie lernen, was es uns dann über uns selber erzählen kann. Also gar nicht so zu versuchen zu verteidigen, dass man, das man der Mensch ist und dass das irgendwie die Krone der Schöpfung oder was auch immer ist. Sondern zu fragen: Hey wir haben jetzt diese Technologie und dadurch können wir viele Sachen besser verstehen, die in uns selber vorgehen.

waldseenixe: Ja und ich glaube, es passiert auch noch was, das eine Rückbesinnung auf andere Dinge. Früher hat man sich so auf die Vernuft und die Rationalität und sowas, so einseitig fokusiert, weil das dasjenige war, was den Menschen von den Tieren oder von anderen biologischen Wesen unterschieden hat. Aber der Fokus war vielleicht viel zu stark gewesen. Dass wir eben die Anteile, die uns heute von einem Roboter unterscheiden, nämlich dass wir Mitgefühl haben,  dass wir überhaupt Gefühle haben, dass wir eben Glück und Leid empfinden können. Dass wir sowas wie ein Gewissen haben, was irgendwie unser moralischer Nordstern ist, wenn man so will. All das, dass das auch wieder eine andere Rückbedeutung bekommt und wieder einen Fokus bekommt, der lange auch zu stark unterschätzt war. Auch diese Entwicklung ist möglich und denkbar.

piko: Man kann aber die Beziehung Philosophie und Digitalisierung noch mal anders, von einer anderen Perspektive betrachen. Nämlich nicht nur, was denkt die Philosophie über die Digitalisierung sondern: Was denkt die Digitalisierung über die Philosophie? Also, welche Tools sind neu dazu gekommen, die die Philosophie verwenden kann. Wenn wir beispielsweise in die Biologie gucken, gibt es mit der neuen Technologie – beispielsweise mit den Mikroskopen – einen Technikschritt, der die Wissenschaft extrem zugute kommt. Und auch in der Philosphie gibt es ein paar Sachen, viel weniger, aber es gibt sie, mit denen man sagen kann: Das ist ein Tool, eine Sache, die wir verwenden können um Philosohpie zu betreiben.

waldseenixe: Da gibt es zum Beispiel so, da gibt es zum Beispiel ein ganz klassisches Tool, das ist in der Hermeneutik sozusagen für Textverständnis. Ich weiß, dass schon in den 90ger Jahren, ne, das war sogar schon in den 80ger Jahren der Universitätsrechner in Münster, der Superrechner, dort die größte Rechenzeit für das Bibelforschungsinstitut aufwendete, die nämlich die altgriechischen Texte sozusagen damit analysierten.

piko: also automatisierte Textanalyse….

waldseenixe: Ja genau, Oder zumindest einen Teil davon. Automatisiert vielleicht damals noch nicht. Aber, die damals halt einfach besser vergleichen konnte: Wo tauchen gewisse Formulierungen auf und gibt es da zeitliche Abfolgen und so weiter, zu gewissen Zeitpunkten an gewissen Orten. Das kann man natürlich mit Hilfe eines Rechners besser clustern, wenn man da ich weiß nicht wie viele altgriechische Texte vorliegen hat, als wenn man das jetzt alles per Hand durcharbeitet, ja. Also, da hat schon sehr früh eigentlich, sagen wir mal, die Digitalisierung geholfen, da einfach alte, alte Texte in ihren Kontext, in ihrem Kontext zu verstehen und überhaupt den Kontext zu identifizieren. Nach dem Motto: Zu welcher Zeit ist es geschrieben worden. An welchem Ort ist es geschrieben worden. Vermutlich anhand gewisser Formulierungen oder HInweise, die im Text enthalten waren. Und das ist ja sehr wichtig für ein, für das Verstehen eines Textes, dass man weiss, wann er etwa geschrieben worden ist. Weil Worte und Bedeutungen- oder: Worte verändern ihre Bedeutung im Laufe der Zeit. Und  dann muss man, um einen Text zu verstehen, ja auch ungefähr wissen, wann ist er ungefähr geschrieben worden, um das Ganze richtig einordnen zu können.

piko: Ein weiteres digitales Tool für Philosphie sind Argumentationsautomatisierungen im weitesten Sinne. Das ist beispielsweise auch für gemeinsame Textarbeit, dass man einen Text auf dem Server hat und alle können ihre Notizen reinwerfen und ihre Diskussionen direkt am Text haben. Aber auch zum Beispiel Software wie ArgDown wo man die Möglichkeit hat, Argumente direkt am Computer zu visualisieren und zu sehen, wie die ineinander greifen und dadurch praktisch die eigene Argumentation stärken. Und das ganze auf die Spitze getrieben sind natürlich die Theorembeweiser, das heißt Software für formale Logik in der eher auf mathematischem Niveau, ja, letzlich auch Argumente, also, formale Logikformeln miteinander in Beziehung gesetzt werden. Das ist aber tatsächlich eher eine Stelle der tatsächlich, der formalen Logik und demnach eher ein Teil der Mathematik als ein Teil der Philosophie weil die Argumente in der Philosophie dann üblicherweise sehr stark an Begriffen hängen und nicht so sehr an Beziehungen oder an, an leicht angehbaren Formeln. Dann zum Abschluss noch die Frage: OK das ist also Philosophie, aber was bringt sie mir eigentlich?

smettbo: Ja, ich denke, da muß man unterscheiden, was bringt es einem persönlich und was bringt die Philosophie gesamtgesellschaftlich. Also persönlich würde ich sagen, die Philosophie bringt es, den Verstand zu schärfen, Argumentationsstrategien zu entwickeln, verschiedene Konzepte kennenzulernen und diese auch mit der Lebensrealität, in der man sich befindet, zu verknüpfen. Ja, und gerade dieses Verständnis, die, das man dann entwickelt, wirkt sich natürlich auch auf den gesellschaftlichen Diskurs aus. Weil je mehr Menschen eine Meinung zu bestimmten Themen haben, desto mehr verändert sich auch die Gesellschaft. Je mehr kann dann auch der Einzelnedann auf die Gesellschaft einwirken – oder informiert einwirken.

waldseenixe: Ja da kann man sagen, heutzutage, auch gerade durch diese schnellen Entwicklungen der Digitalisierung und der KI sind immer mehr Fragen wichtig: Wie weit wollen wir eigentlich gehen? Wie soll uns eigentlich die KI unterstützen und was soll sie eigentlich nicht tun? Diese Fragen werden ja immer dringlicher. So dass damit natürlich auch das Gebiet der Ethik, was sich ja mit solchen Fragen: Was darf ich tun, was darf ich nicht tun, was soll man tun, was soll man besser nicht tun? ja auch beschäftigt, natürlich immer wichtiger wird und es ja auch schon Beratungsgremien auch für die Politik gibt. Und genau so dass ist natürlich eine Frage wo man als Philosophin natürlich dann aktiv werden kann und sagen kann: Ich kann ja auch .. Und es ist ja immer ein Anliegen der Philosophinnen gewesen, Dinge, die in der Welt passieren, kritisch zu hinterfragen und gegebenenfalls auch mal zu sagen: He ich glaube, hier läuft was nicht ganz richtig. Dass die Philosophin auch ihre Ideen und ihre Erkenntnisse in die Öffentlichkeit tragen. So wie wir das jetzt mit dem Podcast machen oder auch in dem man lehrt oder in dem man auch die Politik gegebenfalls in einem Ethikrat direkt berät, wenn man dann in dieser Position ist.

Piko: Ich bin tatsächlich ein ganz großer Freund der theoretischen Philosophie und viele von den Dingen, die ihr jetzt gerade genannt habt, beziehen sich sehr auf praktische Philosophie. Deshalb nochmal eine Perspektive auf die theoretische Philosophie, die ganz besonders durch die Wissenschaftstheorie in unsere jetzige Welt sehr stark eingreift. Indem sie nämlich darüber nachdenkt: Was ist eigentlich Wissenschaft und da vorschlägt, wie können wir begründen, dass wir sagen:  Das ist jetzt wissenschaftlich und das ist jetzt nicht wissenschaftlich.. Das heißt, auch da, es ist wieder eine Art Orientierung, es ist wieder eine Art: Was sollen wir tun tatsächlich? aber an einer anderen Stelle. Und so gibt es in der theoretischen Philosophie ganz viele Sachen, die eben fragen: Hey, was ist das eigentlich? Haben wir versucht zu klären, haben wir wahrscheinlich in typischer philosophischer Manier nicht geklärt, sondern einfach nur ein bischen entstaubt? Und wir hoffen, diese Folge hat euch viel Spaß gemacht. Wir werden euch ein paar Links in die Shownotes tun, falls ihr weiterlesen wollt  und falls ihr einzelne Begriffe oder Namen, die wir jetzt genannt haben nochmal genauer nachlesen wollt. Ansonsten bleibt uns nur noch für die Aufmerksamkeit zu danken und euch eine schöne Zeit zu wünschen. Tschüüß.

smettbo: Tschüüs

Waldseenixe: Ciao!